Zu diesem Buch

Bele Freudenbergs Studie zeigt, wie unauflöslich das Verhältnis von Emotion, Ehre und Konflikt in der hochmittelalterlichen Geschichtsschreibung war. Anhand
dreier englischer Autoren des 12. Jahrhunderts, William of Newburgh, Richard of Devizes und Walter Map, wird dieses Verhältnis näher
untersucht.
Methodischer Ausgangspunkt für die Untersuchung sind die emotionalen Reaktionen auf ein ehrverletzendes Ereignis, die von den Geschichtsschreibern in ihren Schriften
dargestellt werden. Die Autorin interpretiert diese Reaktionen anhand der gesamten Kette von Ereignis – Emotion – und sozialen Folgehandlungen und kann so
Muster dieser Reaktionen zeichnen. So konnte etwa die heftige Wutreaktion eines Herrschers oder anderer Großer ein soziales Kampfsignal bedeuten, das dem Umfeld
Rang und Anspruch deutlich machen sollte. Emotionale Reaktionen ließen sich in vielen Fällen als Barometer für die bestehenden Kräfteverhältnisse
lesen, konnten von den Historiographen aber auch als Mittel eingesetzt werden, moralische Wertungen und Charakterzeichnungen abzugeben.
Im Ergebnis lassen sich Werte, Denk- und Funktionsweisen vor allem der gesellschaftlichen Eliten schärfer konturieren, werden emotionale Normvorstellungen und Regeln
über die Beschreibungen der Autoren und ihrer Wertungen greifbar.

Bele Freudenberg presents how tightly interwoven emotions, honour and conflicts were in the historiography of the Middle Ages. She interprets the relationships between
these three aspects by focussing on texts written by William of Newburgh, Richard of Devizes and Walter Map – authors from the 12th century.
Freudenberg analyses situations that resulted in emotional behaviour and which were written down by the three historiographers. Freudenberg's interpretations
contain a pattern of the responses which consists of a situation, emotion and behavioural actions. A ruler's rage reaction was, for instance, a signal for an interpersonal fight which
revealed his/her social rank and claims. In many cases, such emotional behaviour signalled the established balance of power. At the same time, the historiographers might have
used the emotional reactions as a way to express ethical judgment and to characterize the ruler.
Freudenberg's work allows a better impression of the elite's values, their behaviour and ways of thinking. Furthermore, the authors' norms and rules with regard to
expressing their judgment become more obvious.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort · 1 Einleitung: Muster emotionaler Reaktionen · 1.1 Gang der Forschung · 1.2 Methodische Probleme · 1.3 Exkurs: Impulse
aus der psychologischen Forschung · 1.4 Folgerungen zu Begriff und Methode · 1.5 Fragestellung · 1.6 Quellenauswahl · 1.7 Vorgehen
· 2 Literaturbericht · 2.1 Angst · 2.2 Trauer · 2.3 Zorn · 2.4 Zusammenfassungen und Schlüsse aus dem Literaturbericht
· 3 Autoren · 3.1 William of Newburgh (3.1.1 Leben; 3.1.2 Aufbau, Abfassungsabsicht und Vorlagen; 3.1.3 Williams Weltbild, Vorstellungen, Werturteile)
· 3.2 Richard of Devizes (3.2.1 Leben; 3.2.2 Aufbau, Edition und Abfassungszeit; 3.2.3 Richards Weltbild, Vorstellungen, Werturteile) · 3.3 Walter Map (3.3.1
Leben; 3.3.2 Abfassungszeit, Abfassungsabsicht und die Frage des Genres; 3.3.3 Arbeitsweise, Inhalt, Werturteile ) · 4 Ehrverletzungen und Konfliktführung:
Einführende Bemerkungen · 4.1 Die Offensive: Aggressive, nach außen gewandte Reaktionen (4.1.1 Starke Wutreaktionen; 4.1.2 Rache und
Rachegedanken; 4.1.3 Verbergen von Emotionen; 4.1.4 Hass ohne konkrete soziale Handlungen; 4.1.5 Zorn als Zeichen I: Die Infragestellung von Bindungen; 4.1.6 Zorn als
Zeichen II: Vom Umgang mit der Macht oder Wie regiert ein guter Herrscher?) · 4.2 Die Defensive: Passive und appellierende emotionale Reaktionen (4.2.1 Angst und
Lähmung; 4.2.2 Verbergen von schlechten Gefühlen aus Angst; 4.2.3 Weinen und Klagen; 4.2.4 Appellative Tränen; 4.2.5 Traurigkeit aus Scham, Ohnmacht und
Verlust; 4.2.6 Klage und Trauer als emotionaler Schlusspunkt) · 5 Synthese · 6 Quellen- und Literaturverzeichnis · 6.1
Abkürzungen · 6.2 Quellen · 6.3 Literatur